Jedes Kind kann schlafen lernen, oder? Nein!

10 Nov. 2020 | Schlafberatung, Schlaftrainings, Schlafverhalten

Ein Kind muss nicht lernen zu schlafen, denn das kann es bereits im Mutterleib. Es muss lediglich lernen, vertrauensvoll und entspannt zu schlafen. Erreicht man das, indem man es schreien oder alleine lässt? Sicherlich nicht. In einem Schlaftraining z.B. durch die Ferbermethode („Jedes Kind kann schlafen lernen“) wird das Kind lediglich darauf konditioniert, dass es völlig sinnlos ist, nach seinen Eltern zu rufen. Es hat nämlich die Erfahrung gemacht, dass sie nicht kommen werden. Das Kind gibt also einfach nur auf – Angst hat es allerdings weiterhin.

Dieser Zustand wird auch „Angst-Terror“ genannt, welcher bei wahrgenommener Bedrohung oder Gefahr ohne verfügbare Bindungsperson entsteht. Das Kind scheint hierbei friedlich zu schlafen, liegt ruhig da und hat seine Augen geschlossen. In Wahrheit ist es jedoch „eingefroren“, in einem Zustand höchster Erregung und versucht sich damit lediglich vor Schlimmerem zu schützen.

Was ist ein Schlaftraining?

„Jedes Kind kann schlafen lernen“ – der Inhalt dieses Buches basiert u.a. auf der sogenannten Ferbermethode, welche zu Recht sehr umstritten ist. Dr. Ferber selbst hat sich vor Jahren davon distanziert, da er in seinen Äußerungen scheinbar missverstanden wurde. Das Programm wäre für Eltern gedacht gewesen, die kurz vor der Misshandlung ihres Kindes standen – also als letzter Ausweg und zum Schutz vor einer Kindeswohlgefährdung. Für einen gesunden Säugling sei dies absolut nicht zu empfehlen.

Ein Schlaftraining ist eine Konditionierungsmaßnahme, die der Tierdressur entstammt. Das Ziel dabei ist, dass das Kind lernt, ohne Hilfe alleine ein- und durchzuschlafen. Es wird abends alleine in sein Bett gelegt und nach einem festen Zeitplan schreien gelassen. Die Eltern dürfen nur zu bestimmten Zeiten in das Zimmer, das Kind nicht hochnehmen und in seinem Bett lassen. Erst wenn das Kind die neuen Bedingungen akzeptiert hat (vielleicht auch erst zwei Wochen später), ist die Durchführung „erfolgreich“.

Bei einem Schlaftraining wird ein Schutzmechanismus im Gehirn aktiviert. Dort wird so viel Cortisol (Stresshormon) ausgeschieden, dass sich das Gehirn „ausklinkt“ und das Kind schläft, bevor es stirbt. Sie werden nachts trotzdem nach wie vor wach. Sie wissen nun allerdings, dass sie keine Unterstützung der Eltern bekommen und geben somit auf. Ihre Angst oder ihr Bedürfnis nach Nähe bleibt jedoch weiterhin bestehen. Dies wird auch „Angst-Terror“ genannt.

Gründe der Eltern

„Ein Schlaftraining führt dazu, dass das Kind schnell lernt, alleine ein- und durchzuschlafen.“ Sind wir mal ehrlich, das klingt für jedes müde Elternteil doch einfach toll!

Haben Eltern anstrengende Nächte und suchen nach Lösungen, dann dauert es leider nicht lange, bis man auf diverse Bücher stößt, die ein Schlaftraining beinhalten. Auch ich habe damals nach einer Lösung für unser „Schlafproblem“ gesucht. In meinem Bekanntenkreis wurde mir ein solches Buch sogar empfohlen. Und ich bin an dieser Stelle ehrlich, ich hätte mir damals nichts mehr gewünscht, als einen Fahrplan, wie mein Kind möglichst schnell durchschläft, denn ich war einfach nur müde.

Ein Schlaftraining bietet auf den ersten Blick genau das. Einen vorgegebenen Weg, wie das Kind in kürzester Zeit lernt, endlich durchzuschlafen. Für erschöpfte Eltern klingt das erstmal nach einer guten Lösung. Auch wird es oftmals in Anspruch genommen, um der Umwelt zu genügen, da sich Eltern von dieser unter Druck gesetzt fühlen. Durch fehlende Informationen wird die eigene Unsicherheit verstärkt. Hat mein Kind ein Schlafproblem? Mache ich etwas falsch?

Auswirkung für Kinder und Eltern

Doch welche Auswirkungen kann ein solches Schlaftraining haben?

Erschöpfung, ein verunsicherndes Umfeld und fehlende Informationen können Gründe dafür sein, warum Eltern ein Schlaftraining mit ihren Kindern durchführen. Ergebnisse aus der Bindungs- und Hirnforschung liefern zahlreiche Erkenntnisse darüber, dass eine solche Methode jedoch schlimme Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung haben kann.⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀
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Mögliche Folgen können sein:

  • Still- und Ernährungsprobleme
  • vermehrtes Schreien
  • Bindungsstörungen
  • emotionale Probleme: Angst, vermehrte Anhänglichkeit, Aggressionen
  • Entwicklungsverzögerungen
  • langfristige Schlafprobleme
  • langfristige Traumatisierungen

Wenn man das Wort Schlaftraining hört, dann gilt der erste Gedanke meist den Kindern. Dass es für sie schlimme Auswirkungen haben kann, ist zum Glück schon weiter verbreitet als vor ein paar Jahren. Doch was viele nicht wissen, es schadet nicht nur den Kindern, sondern auch den Eltern!

Viele Eltern berichten in der Schlafberatung über Schuldgefühle gegenüber ihrem Kind. Auch Versagensgefühle können entstehen, wenn das Schlaftraining nicht zum gewünschten Erfolg geführt hat oder abgebrochen wurde. Die Eltern-Kind-Beziehung kann unter einer solchen Maßnahme leiden und sich verschlechtern. Daraus resultiert, dass die Eltern mit dem „schwierigen“ Kind überfordert sind – Wut und Verzweiflung können entstehen.

Expertenmeinungen⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀

Babys und Kleinkinder sind tagsüber und nachts auf eine liebevolle Betreuung angewiesen. Sie haben noch kein Zeitgefühl entwickelt und ihre Bedürfnisse müssen auch nachts erfüllt werden. Wird ein Kind alleine gelassen, dann führt dies vor allem in der Dunkelheit zu großer Angst und das Bindungsverhalten wird ausgelöst. Es versucht dann mit allen Mitteln zu seiner Bezugsperson zu gelangen. Das Schreien und Weinen soll die Eltern dazu bewegen, es zu trösten und ihm Schutz und Sicherheit zu vermitteln. Ignorieren die Eltern das Schreien und gehen somit nicht auf die Bedürfnisse des Kindes ein, erlebt es Gefühle der Panik, Trauer und Ohnmacht.

Zum Glück sind viele Eltern nicht in der Lage, ihr Kind einem Schlaftraining auszusetzen. Sie spüren oft intuitiv, dass sie mit einer solchen Methode nichts Gutes für sich und ihr Kind erreichen. Und dennoch gibt es immer noch so viel Druck von außen, der die Eltern verunsichert und häufig auch zweifeln lässt.

Meistens fehlen ihnen einfach Argumente, warum sie sich feinfühlig um ihr Kind kümmern und ein Schlaftraining keine Lösung für eine bessere Schlafqualität ist.

Aus diesem Grund ist die Broschüre „Kinder brauchen uns auch nachts – Warum Schlaftrainings nicht empfehlenswert sind“ entstanden. Darin äußern sich 21 Experten zu Schlaftrainings und raten von der sogenannten Ferbermethode ab.

Die Broschüre steht dir gratis zur Verfügung und du findest sie hier: http://1001kindernacht.ch/Eltern/Vorsicht-Ferbern/ ⠀⠀

Tipps zur Verbesserung der Schlafqualität

Du möchtest endlich wieder erholsame Nächte für dich und dein Kind? Erfahre jetzt, welche 5 Tipps dir dabei helfen können.

  • Licht und Dunkelheit
    Hilfreich ist es, tagsüber viel rauszugehen, denn das Sonnenlicht (und Licht generell) hemmt das Schlafhormon Melatonin. Dieses wird bei gedämpftem Licht und Dunkelheit ausgeschüttet. Versuche abends darauf zu achten und kein Blaulicht oder grelles kaltes Licht vor dem Schlafen gehen zu verwenden.
  • Regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus
    Die Schlafqualität kann durch einen regelmäßigen Rhythmus verbessert werden. Dies sollte auch am Wochenende beibehalten werden. Beachte, dass der kindliche Organismus mindestens 14 Tage benötigt, bis er sich an Veränderungen gewöhnt hat.
  • Raumtemperatur und Luftqualität
    Die ideale Raumtemperatur beträgt ca. 18 Grad, denn niedrige Temperaturen fördern einen erholsamen Schlaf. Sinnvoll kann es außerdem sein, wenn du tagsüber und vor dem Schlafen gehen ausreichend lüftest.
  • Ausreichend Platz zum Schlafen
    Gerade bei Co-Sleeping ist es wichtig, dass jedes Familienmitglied genügend Platz zum Schlafen hat. Es sollten ca. 80-90 cm pro Person zur Verfügung stehen.
  • Entspannung
    Entspannung ist wohl eines der wichtigsten Elemente für eine gute Schlafqualität. Denn das Einschlafen gelingt nur, wenn man sich entspannen kann. Was immer für dich und dein Kind zur Entspannung beiträgt (z.B. Körperkontakt oder eine Massage), fördert einen erholsamen Schlaf. Viel Bewegung an der frischen Luft senkt nachweislich den Cortisolspiegel (Stresshormon) und wirkt sich somit ebenfalls positiv auf eine gute Schlafqualität aus.

Liebe Mama, lieber Papa, ist deine Situation in der Nacht zu einer Belastung geworden? Bist du erschöpft und möchtest endlich wieder einen erholsamen Schlaf? Du würdest alles dafür tun, damit du wieder ein bisschen mehr schlafen kannst? Dann führe kein Schlaftraining durch. Gerne kannst du dich für eine individuelle Schlafberatung bei mir melden und wir finden gemeinsam einen für euch passenden Lösungsweg.

Wenn dir mein Beitrag weitergeholfen hat, dann teile ihn gerne mit anderen und hinterlasse mir einen Kommentar.

Deine Natalie

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